Mit der Verordnung, in welcher festgelegt ist, dass zukünftig in jeder Behörde ein christliches Kreuz zu hängen hat, entfernt sich Bayern erneut ein gutes Stück von der Rechtsstaatlichkeit. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995, das die Kreuze in bayerischen Klassenzimmern für verfassungswidrig erklärte und das der Freistaat seitdem geflissentlich ignoriert, setzt Bayern jetzt sogar noch einen drauf. Dies passt in eine Reihe von gesetzgeberischen Maßnahmen, mit denen die Orbanifizierung Bayerns weiter voranschreitet. Seit 1991 existiert im öffentlichen Dienst Bayerns ein faktisches Berufsverbot für Angehörige Linker Parteien, welches mittels eines sogenannten „Fragebogens zur Verfassungstreue“ durchgesetzt und stichprobenartig durch den bayerischen Verfassungsschutz überprüft wird – eine ebenfalls verfassungswidrige und in Deutschland einmalige Sache. 2016 kam das so genannte Integrationsgesetz, nach welchem Polizisten nun das Recht haben, Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro gegenüber Menschen zu verhängen, die gegen die Bayerische Leitkultur verstoßen. Darüber hinaus schreibt es vor, dass Kinder in Kitas zum christlichen Glauben erzogen werden sollen und der Bayerische Rundfunk im Sinne der christlich-abendländischen Kultur zu berichten hat. Zurzeit plant Bayern ein neues Polizeigesetz, welches faktisch die Unschuldsvermutung aufhebt und der Polizei ermöglicht, Menschen aufgrund eines Anfangsverdachtes unbegrenzt festzuhalten sowie die Hürden für Kommunikationsüberwachungen senkt. Und nun folgt mit der Verordnung zur Aufhängung christlicher Kreuze in Amtsstuben ein weiterer Nagel im Sarg der bayerischen Verfassungsmäßigkeit. Betrachtet man diese Gesetze in einem Gesamtzusammenhang wird schnell klar, dass es der neuen Staatskanzlei um nichts weniger geht, als um den Umbau des Freistaates Bayern hin zu einem ethnisch und ideologisch homogenisierten Land, in dem Andersdenkende dermaßen unter Repressionen zu leiden haben, dass sie sich entweder assimilieren oder Bayern freiwillig verlassen. In diese autoritäre Entwicklung passt auch das Vorgehen des bayerischen Innenministers, der Kritik am Polizeigesetz unlängst im Morgenmagazin der ARD als „Demagogie“ diffamierte, anstatt sich der Diskussion zu stellen.
Die Methodik, der diese Gesetze folgen, erinnert an Maßnahmen zur Festigung der politischen Alleinherrschaft, wie wir sie zurzeit in der Türkei und in Ungarn beobachten können. Zuerst entzieht man dem scheinbaren oder tatsächlichen Gegner seine Möglichkeit der politischen Betätigung, dann erhöht man den ökonomischen Druck durch die Angst des Jobverlustes und schließlich zwingt man ihn zur Anpassung bei gleichzeitiger Androhung repressiver Maßnahmen bis hin zur Möglichkeit des Freiheitsentzuges. In ihrem Versuch, der AfD das Wasser abzugraben, schreckt die CSU nicht davor zurück, eine lebendige Demokratie zur Duckmäusergesellschaft umzuformen und sich als kleiner Bruder der AKP zu betätigen – autoritär und religiös fundamentalistisch.